Louisa Smith ist eine weltweit anerkannte Textil- und Fashionexpertin. Ihr Innovationsgeist sowie ihre Expertise machen sie zu einer gefragten Meinungsführerin der Textilbranche – auch im Sport- und Outdoorbereich. Bei den Textrends Awards ist sie führendes Jury-Mitglied und präsentiert diese einmal im Jahr auf der ISPO Munich. Außerdem unterstützt Louisa das Team rund um den ISPO Award mit einem Sustainability-Check und prüft die Nachhaltigkeitsinfos relevanter Produkte – für mehr Transparenz und wirkliche Veränderung in der Sportwelt.
Was für eine Messe! Das 10-jährige Jubiläum der ISPO Textrends sowie die Entwicklungen der letzten zehn Jahre sind auf der ISPO Munich 2023 unübersehbar. Das "S"-Wort, Sustainability, ist heute in der DNA der Textilbranche verankert und nicht mehr nur ein Lippenbekenntnis. Es ist ein alltäglicher Teil der Mission der Textilgemeinschaft, weiterhin saubere Kollektionen zu entwickeln.
Das bedeutet nicht, dass eine Faserfamilie besser ist als die andere, sondern dass alle Sektoren Fortschritte bei der Entwicklung sauberer und nachhaltiger Produkte machen – von natürlichen bis hin zu künstlichen Zellulose- und Synthetikfasern. Und diese verantwortungsvolle Einstellung beinhaltet auch einen Plan über das Ende des Produktlebens, bevor es überhaupt begonnen hat.
Bei einem Rundgang durch die Ausstellung wurde deutlich, dass nicht nur die Textilfabriken Verantwortung übernehmen, sondern auch die Marken und Hersteller, von denen viele ihren Beitrag zur Abfallvermeidung und zur Rückführung von Abfällen in die Kreislaufwirtschaft hervorheben möchten.
Die besten Produkte, ausgewählt von einer Jury aus Textilexperten, wurden im Anschluss an die Präsentation der drei wichtigsten Megatrends für die Zukunft bekannt gegeben und ausgezeichnet. Die ursprünglichen Megatrends, die 2013 vorgestellt wurden, bilden die Grundlage für das, was wir heute erwarten. Und die Entwicklungen der gesamten Branche seitdem sind aller Ehren wert.
Die Megatrends beeinflussen und fördern weiterhin Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen, von Nachhaltigkeit über Technologie und Digitalisierung bis hin zu Gelassenheit und Menschlichkeit!
Die Megatrends sind vielschichtig und beeinflussen nicht nur die Sport- und Outdoor-Industrie, sondern auch andere Branchen. Und sie zeigen sich auch in unserem Leben, das sich dreht und wendet. Bei der Betrachtung der drei Megatrends fällt auf, dass sie alle miteinander verbunden sind und sich mit der Entwicklung neuer Ideen verändern.
Als am letzten Tag der ISPO Munich die COP 28 in Dubai begann, geriet die Klimakonferenz der Vereinten Nationen in die Schlagzeilen. Angeblich waren außerplanmäßige Treffen zum Öl- und Gasgeschäft geplant, und wenn das kein Greenwashing ist, dann weiß ich auch nicht weiter! Unser Ziel ist es, den Temperaturanstieg bis 2030 auf 1,5 Grad zu begrenzen. Und das bedeutet nicht, dass wir bis dahin komplett auf synthetische und fossile Brennstoffe verzichten, wir brauchen weiterhin Produkte aus diesem Sektor. Aber wir brauchen nicht mehr so viel, weil neue Alternativen entstehen.
Bei SHEEN sprechen wir über Nachhaltigkeit und suchen nach neuen Effizienzen und geringeren Umweltauswirkungen. Immer mehr Hersteller von Textilfabriksand investieren in eigene Solar- und Windkraftanlagen, und im November wurde in Portugal das ganze Land sechs Tage lang mit erneuerbarer Energie versorgt. Diese Leistungen werden zur Norm, eine gute Nachricht für die Zukunft.
Wir konzentrieren uns auf die Psyche des Verbrauchers, der Leistung und Produkte will, ohne den Planeten zu belasten. Die Verbraucher sind sich der Auswirkungen des Klimawandels bewusst und haben ihren Lebensstil angepasst, indem sie vom Auto aufs Fahrrad umsteigen, ihren Abfall reduzieren, Alltagsgegenstände wiederverwenden und sich von der von uns geschaffenen Wegwerfgesellschaft abwenden. Ein Beispiel dafür sind wiederbefüllbare Wasserflaschen: Die Verbraucher wollen sie, aber es müssen Wasserstellen in den Städten und Einrichtungen vorhanden sein, damit sie sie benutzen können.
Es kommt also auf die Infrastruktur an. Die britische Outdoor-Marke RAB hat auf der ISPO in München angekündigt, in Europa Rückgabestationen einzurichten. Sie wollen damit eine Situation in den Griff bekommen, die sich in der Vergangenheit auf Branchenebene zu einem Problem entwickelt hat. Viele Marken bieten Rücknahmesysteme an, müssen aber wissen, wohin das Produkt geht. RAB übernimmt Verantwortung und zeigt Transparenz, was den Verbraucher anspricht, der Teil einer saubereren und grüneren Gesellschaft sein möchte.
Recycelte Kunststoffe sind in der gesamten Textilbranche zu finden, wobei Nylon aus Meeresabfällen – insbesondere Fischernetzen – und Stoffabfällen aus dem Boden gewonnen wird. Weitere Themen waren die Verschmutzung durch Mikrofasern und der Faserverlust (Shedding) beim Waschen. Dieses Mikroplastik kann in die Nahrungskette und in unseren Darm gelangen. Polygiene wurde auf der ISPO Textrends für seine neue Shedguard-Ausrüstung, die das Problem des Mikrofaserabfalls reduziert, als bestes Produkt für Performance Finishings ausgezeichnet.
Abfall ist ein Bereich, der immer interessanter wird. Niemand will Abfall, also was machen wir damit? Viele Marken stellten ihre Modelle zur Kreislaufwirtschaft vor, ein wichtiger Aspekt, um die Industrie und die Verbraucher zu sensibilisieren. Ein Abfallprodukt, die Gummidichtungen von Autoscheiben, wurde von Chang Wong gesammelt und zu recyceltem PVB für Basketbälle verarbeitet, was mit dem Preis für das beste Produkt in der Kategorie Soft Equipment ausgezeichnet wurde.
Die Schlussfolgerung von SHEEN ist eindeutig: Marken müssen Verantwortung übernehmen. Die Verbraucher vertrauen darauf, dass ihre Marken in einem wettbewerbsintensiven Markt, in dem Preis und Leistung Vorrang vor nachhaltigen Eigenschaften haben, die bestmögliche Option bieten.
Manchmal hat man das Gefühl, zwei Schritte vor und einen zurück zu gehen, denn der Megatrend LOGIC knüpft an den Megatrend SHEEN an, wenn es darum geht, neue Prozesse zu schaffen und Umweltauswirkungen zu reduzieren. Menschliche Logik und logisches Denken entsprechen im Wesentlichen dem gesunden Menschenverstand. Bei diesem Trend geht es darum, die Dinge einfach zu halten, sie nicht übermäßig zu verkomplizieren, nur klare Fakten zu schaffen.
Wer saubere Luft in den Städten will, braucht Fußgängerzonen mit Fahrradwegen und Elektroautos – man muss kein Einstein sein, um das zu verstehen. Weniger Lagerhaltung, weniger Produktion. Weniger Abfall, verantwortungsbewusstes Design – die Liste ließe sich fortsetzen, und diese Botschaft wird von Marken und Einzelhändlern aufgegriffen.
Diese Logik gilt auch für die Verbindung von Mensch zu Mensch und die einzigartige Kreativität, die nicht verloren gehen darf. Legt die Handys weg, atmet durch, trefft euch, redet von Angesicht zu Angesicht, IRL, in real life! Wenn wir die Technologie zu unserem Vorteil nutzen, können wir gemeinschaftliche Treffen und Trainingsgruppen organisieren, damit wir uns physisch treffen können. Das ist so wichtig, weil die Menschheit durch Digitalisierung und KI immer mehr isoliert wird.
Wir müssen uns wieder vernetzen und Gemeinschaften bilden. Wir sind Menschen! Die ISPO Munich hat für die Sport- und Outdoor-Community ein IRL-Erlebnis geschaffen – nichts kann das übertreffen. Aus diesem Grund organisierte JOMP (Joy Of Movement Pioneers) den traditionellen Morgenlauf am ersten Tag der ISPO. JOMP hat sich zum Ziel gesetzt, die körperliche Aktivität in den Vordergrund zu rücken und die für das nächste Jahrzehnt prognostizierte Bewegungspandemie zu überwinden.
Wir brauchen soziale Verbindungen, ohne sie neigen wir dazu, uns zu isolieren. Daher gründen immer mehr Marken Communities und betreiben Clubs – eine Ausprägung der Human-to-Human-Bewegung (H2H). Denn die Abkopplung von der Gesellschaft und das Eintauchen in die sozialen Medien stellen ein großes Problem für die psychische Gesundheit dar, vor allem für die Generation Alpha, die als gerade heranwächst und durch die Digitalisierung noch stärker vernetzt ist. Hier spielt der Sport eine entscheidende Rolle, und es war großartig zu sehen, wie der Mentaltrainer Tobias Bosch am ersten Tag der ISPO auf der Pink Stage das Publikum für mentale Stärke in Sport und Wirtschaft begeisterte.
Freund oder Feind? So oder so – KI wird kommen und bleiben und sich in einem noch nie dagewesenen Tempo weiterentwickeln. Wenn wir sie nicht annehmen, werden wir von ihr verschlungen. Die Botschaft dieses Megatrends lautet also: Wie können wir davon profitieren?
Nehmen Sie das Foto des Papstes im weißen Daunenmantel. Das Bild ging Anfang des Jahres viral. Auf den ersten Blick dachte ich, was für ein toller Puffer, und dass er einen tragen würde, erschien nur logisch. Ich habe nicht mit der Wimper gezuckt. Bis sich herausstellte, dass es sich um ein KI-generiertes Bild handelte, das von einem Designer aus Chicago mit dem KI-Tool Midjourney erstellt worden war. Die Medien behaupteten, dies sei der erste Fall von massenhafter Fehlinformation gewesen und hatten damit nicht ganz Unrecht. Aber der Fall zeigt auch, dass ein Daunenmantel definitiv immer eine gute Idee ist! Das ist also der Stand der Dinge in Sachen KI und Digitalisierung.
Textil- und Bekleidungsfabriken werden zunehmend automatisiert, was wiederum mit den anderen Megatrends SHEEN und LOGIC zusammenhängt. Intelligente Werkzeuge werden eingesetzt, um Abfall und Lagerbestände zu reduzieren. Das ergibt Sinn, aber wir müssen sie auch zu unserem Vorteil und zum Vorteil der Verbraucher*innen nutzen. Transparenz und Rückverfolgbarkeit sind in den Vordergrund gerückt, insbesondere mit der Einführung des Digitalen Produktpasses (DPP) der EU. Dieser verpflichtet die Marken, Daten über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts zu sammeln und zu teilen und in Form einer digitalen ID zugänglich zu machen.
In erster Linie geht es darum, die Nachhaltigkeits-, Umwelt- und Recyclingeigenschaften eines Produkts sowie seinen Herstellungsprozess und seine Beschaffung hervorzuheben. Aber wo soll man anfangen? Hier kommt Maxim Label and Packaging ins Spiel. Das Unternehmen wurde auf der ISPO Textrends für sein Eco-Track-System ausgezeichnet, mit dem Marken alle erforderlichen Informationen zusammenstellen können.
Das digitale Scannen des Körpers kann zu einer optimalen Passform und weniger Retouren führen, und Apps, die dem potenziellen Kunden das Kleidungsstück oder die Schuhe zeigen, erweisen sich als hilfreich bei der endgültigen Kaufentscheidung. Das Metaverse bleibt ein koexistierendes Umfeld, in dem Adidas eine „phygitale“ Kollektion für ein Kollektiv von Designern auf den Markt gebracht hat.
Die Lieferkette profitiert am meisten von unserer Branche, indem sie die Liefer- und Retoureneffizienz verbessert und die Lagerbestände mithilfe von KI massiv reduziert. KI wird auch von Markenartiklern als neues Merchandising eingesetzt, wie z. B. von The North Face, das den Big Ben in London warmhält. Es handelt sich um ein neues interaktives Medium, das es Marken ermöglicht, direkt mit den Verbrauchern in Kontakt zu treten und ihre Erfahrungen in den sozialen Medien zu teilen.
Während KI also Wellen schlägt und Bedenken hinsichtlich ihres Potenzials aufwirft, sollten wir uns ihr stellen und das Beste daraus machen. Das habe ich mit der ISPO Buddy App getan – perfekte Informationen und Terminplanung während der Messe.
Alle diese Punkte helfen uns dabei, die Branche als globale Einheit voranzubringen und zu gestalten. Die Botschaft bleibt die gleiche: All together now! Wir sehen uns auf der Outdoor by ISPO.
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