Für die Marken sind Innovationen enorm wichtig und unerlässlich. Sei es im Textilbereich, wo sich materialseitig enorm viel verändert hat und weiterhin muss, oder bei der Einbindung von KI in sämtlichen Teilbereichen der Sportartikelindustrie. Dabei ist es in jedem Jahr spannend zu verfolgen, was aus den Tüftlerlaboren der verschiedenen Hersteller durch den ISPO Award einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
Auch aufgrund der neuen EU-Gesetzgebung wurde bei der Entwicklung nachhaltiger, funktionaler Materialien noch einmal ein Gang rauf geschaltet. So sind etwa bei den chemischen Behandlungen von Produkten die Fortschritte beachtlich. PFC-freie DWRs und Textilien dürfen durchaus als Standard gelten, erfüllen insofern nicht mehr den Status einer absoluten Innovation. PFC-frei ist ab sofort ein Must-have, kein Nice-to-have. Dies gilt auch für Firmen außerhalb Europas. „Nachhaltigkeit ist zunehmend eine Norm, was dazu führt, dass auch Konsumenten diese als Standard erwarten“, ergänzt Jurymitglied Dr. Regina Henkel, die als Textilexpertin den Markt genau beobachtet.
Ein Standard, der jedoch nicht mit Stillstand gleichzusetzen ist. So konnten bei den ISPO Award Jurymeetings in diesem Jahr gerade beim Blick auf Textilien zahlreiche spannende Materialinnovationen beobachtet werden. Eines der Top-Themen der Branche, Kreislaufwirtschaft, nimmt dabei durch den verstärkten Einsatz von Monomaterialien an Fahrt auf. „Fortschritte sind erkennbar, wie etwa der Einsatz von Monomaterialien oder auch biobasierten Stoffen wie Wolle-Tencel-Mischungen“, so Dr. Henkel. Erkennbar ist zudem ein Mini-Trend beim Einsatz CO₂-bindender Stoffe.
Ebenfalls top: Die Zusammenarbeit einiger Hersteller mit großen Chemie- und Technologieunternehmen wie BASF. Dies beschleunigt Innovationen. Sichtbar wird dies etwa bei Laufschuhen, die neue Materialien wie spezielle Schaumstoffmischungen in der Mittelsohle enthalten. Auch das neu aufkommende Isolationsmaterial Aerogel entstammt ursprünglich einer solchen Kooperation. „Durch diese Art von Kooperation lässt sich schneller eine verbesserte Performance und erweiterte Produktfunktionalitäten erzielen“, erklärt Dr. Henkel.
Überhaupt hat sich gerade bei der Performance von nachhaltigen Produkten wie denen aus Recyclingfasern viel getan. Upcycling läuft, ist ein Top-Trend. Auch Membranen aus recyceltem Material mit einer Leistungsfähigkeit bis zu 30k/30k sind umsetzbar und unterstreichen das aktuelle Leistungsvermögen. Diese Art Produkte stehen den nicht recycelten in puncto Funktionsfähigkeit nicht mehr nach. Einzige Voraussetzung – die Hersteller müssen sich eventuell für eine teurere Stoff- oder Materialvariante entscheiden, was sich dann letztlich im Verkaufspreis widerspiegelt.
Und dennoch: Recycling wird nicht die Lösung aller zukünftigen Herausforderungen sein. Das Wissen darum nehmen die Hersteller zunehmend in ihren Kollektionen auf: Natürliche Fasern und biologisch abbaubare Sporttextilien, entweder als in reiner Form oder als Blendvariante, werden auch vermehrt bei den ISPO Awards eingereicht.
Der Trend zu Produkten mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten spiegelt den Wunsch der Konsumenten nach praktischen und alltagstauglichen Lösungen wider. Besonders in Asien werden multifunktionale Hartwarenprodukte dementsprechend positiv wahrgenommen. In Europa fokussiert sich dieser Trend vornehmlich auf Textilien für den multifunktionalen Einsatz. „Hochwertige, performante Materialien und Designs werden als Alltagsmode adaptiert, was eine breitere Zielgruppe anspricht“, so Fachjournalistin Dr. Martina Wengenmeir.
Kleidungsstücke wie Jacken eignen sich dabei am besten für den Allroundeinsatz im Alltag und Outdoor. Dementsprechend vielfältig ist hier das Angebot an neuen Produkten. Jedoch auch in Bereichen wie Commuting rücken mehrzwecktaugliche Produkte wie Rucksäcke in den Fokus. „Urban Outdoor“ setzt sich als Trend fort. Dies zeigt sich besonders in asiatischen Märkten, in denen Jacken und Produkte Modecharakter sehr stark mit Outdoor-Performance verbinden.
Beim Design hat sich jedoch nicht nur aus modischer Sicht etwas getan. Dies zeigt sich zum einen in einer stark erhöhten Reparaturfähigkeit der Produkte als auch in speziellen Textildesigns für Frauen. Hierbei wird nicht auf eine andere Schnittführung geachtet, sondern auf den gesamten Aufbau. Die Berücksichtigung besonderer Isolations- und Schwitzzonen ist ein Teil dieser Evolution. Einen weiteren Trend hat ISPO Award Jurymitglied Dr. Wengenmeir ausgemacht: „Ein wachsender Fokus auf technische Sportprodukte, die speziell für Frauen entworfen sind, ist feststellbar. Hierzu gehören etwa Fußballschuhe mit einer tatsächlich eigenen Konstruktion. Diese Entwicklung geht über einfache Anpassungen hinaus und umfasst durchdachte Designs in Bezug auf Passform und Funktionalität.“
Vornehmlich aus Asien schwappt ein Trend auch nach Europa: die Integration von Technologie in Bekleidung, etwa durch den Einsatz von Sensoren und Wärme-Apps. Diese technologischen Innovationen erkennen unter anderem automatisch die Körpertemperatur und regulieren entsprechend das jeweilige Kleidungsstück wie eine Jacke. Die Personalisierung von Kleidungsstücken durch Technologien wie KI und Sensorik zur Temperaturregulierung wird als potenzieller Wachstumsbereich angesehen. Bedenken in Bezug auf die Nachhaltigkeit lassen sich allerdings nicht von der Hand weisen, da diese Technologien nicht immer, aber oft zusätzliche Ressourcen erfordern. Außerhalb asiatischer Märkte dürfte diese Entwicklung von daher kaum Nachfrage erleben.
Dennoch dürfen asiatische Hersteller durchaus als Impulsgeber für den westlichen Markt gelten. Insbesondere bei der Entwicklung nachhaltiger Materialien und neuer Verarbeitungstechniken schreiten die asiatischen Marken in beachtlichem Tempo voran.
Sämtliche mit einem ISPO Award ausgezeichneten Produktinnovationen wurden innerhalb einer speziellen Ausstellungsfläche auf der ISPO Munich zu begutachten sein (Halle B1). Eine Auswahl an prämierten Produkten findet ihr in der Galerie.
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