Vor zwei Jahren hat die ISPO Munich das Thema „Frauen im Sport“ erstmals groß aufgegriffen und eine Women‘s Lounge eingeführt. Natürlich hat das Thema auch schon vorher eine Rolle gespielt, doch es war noch nicht so stark abgebildet, wie es sein sollte, findet Kim Scholze, Community Managerin bei der ISPO Munich.
Im Mittelpunkt der Diskussion stehen bei der Women’s Lounge die Themen „Frauen in Führungspositionen“ und „Frauen als Zielgruppe“. Es gebe immer noch zu wenige Frauen in Entscheidungspositionen im Sport. „Zum anderen interessieren sich immer mehr Frauen für Sport und sind eine wachsende Zielgruppe“, sagt Scholze. „Frauen sind größtenteils die Entscheider über das Familien-Budget, umso wichtiger ist es, ihren Bedürfnissen bestmöglich nachzukommen.“
ISPO.com: Wie war bisher die Resonanz der Aussteller und Besucher, wie sind Ihre Erfahrungen aus zwei Jahren Women‘s Lounge – was kommt gut an, was gar nicht?
Kim Scholze: Die Tatsache, dass wir das Thema auf die Agenda gesetzt haben, den Austausch fördern und den Dialog vorantreiben, kommt in der Branche sehr gut an. Das Bewusstsein ist deutlich gestiegen. Großen Anklang finden zum Beispiel Diskussionen rund um das Thema weibliche Führungskräfte.
Auf höchstem Level tauschen sich Unternehmerinnen und CEOs zu umfassenden Fragen des Führungsstils, -verhaltens und emotionale Intelligenz aus – ohne zu stigmatisieren oder Klischees zu erfüllen. Männliche Zuhörer und Besucher der Lounge waren und sind jederzeit absolut willkommen und erwünscht.
Wie viele Rednerinnen und Besucherinnen haben in zwei Jahren Women‘s Lounge bislang teilgenommen?
Weit über 50 Sprecherinnen und Sprecher aus der Sportartikel- und Markenartikel-Industrie und mehr als 1.000 Besucher waren vor Ort – sowohl Frauen als auch Männer.
Welche Themen im Kontext „Frauen und Sportbusiness“ bewegen die Branche besonders?
In den Diskussionsrunden zur letzten ISPO Munich haben sich folgende Themenbereiche herauskristallisiert:
- die Entwicklung von frauenspezifischen Produkten
- die Ausdifferenzierung der Zielgruppe Frau
- die Ansprache von Sportlerinnen in der (Produkt-) Kommunikation
- sowie die Betreuung von Kundinnen im Handel.
Während sich Frauen zum Beispiel eher emotional angesprochen fühlen, stehen bei Männern technische Fakten im Vordergrund. Hier besteht bei vielen Marken noch Nachholbedarf. Hierzu geben unsere Expertenrunden wichtige Impulse an Produktentwickler, Händler und Marketingexperten.
Der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Sportbusiness (Vereine, Verbände, Vermarkter, Unternehmen etc.) ist extrem gering. Welche Auswirkungen hat die niedrige Frauenquote auf Sportmarketing und Sportvermarktung?
Viele Angebote sind extrem Performance- und leistungsgetrieben, die Ansprache im Marketing erscheint sehr männlich – sowohl von der Bildsprache als auch der Wortwahl her. Es stehen die Fakten im Vordergrund und es scheint so, als würden weiche Faktoren als klischeehaft bewertet und gesehen werden.
Der Alltag von Frauen ist oftmals sehr komplex und vielschichtig, viele fungieren in ihrer Rolle als Mutter, Business Lady und Familien-Koordinatorin. Dieser Diversifizierung wird häufig nicht ausreichend nachgekommen.
Wie verändert sich die „Zielgruppe Frauen“ in Sportvermarktung und Sportmarketing?
Viele Marken verfolgen inzwischen eine immer stärkere, zielgruppenspezifische Ansprache – von der Produktkommunikation bis hin zur Ansprache im Handel. Wer jetzt aber vor seinem inneren Auge rosa Sportschuhe sieht, liegt falsch. Denn die Zeiten, in denen ein Artikel einfach nur farblich angepasst wurde, sind vorbei. Frauen rücken mehr in den Vordergrund in der Kommunikation und diese ist ausgerichtet auf deren Bedürfnisse. Das heißt, die Marken setzen auf eine stärkere emotionalere Bildsprache, mehr Bilder, Videos.
- The North Face möchte zum Beispiel mit einer groß angelegten Kampagne Frauen im Sportbusiness stärken und die Wahrnehmung auf sie lenken. Die Herausstellung der Frau über den Claim „She Moves Mountains“ schärft, polarisiert und wirkt zeitgleich authentisch.
- Marken wie Kari Traa, Leki oder Vaude setzen auf Frauen in der Unternehmensführung.
- und die Rucksackmarke Deuter war einer der ersten, die mit einer komplett eigenen Linie für die Frau die Komplexität der Zielgruppe aufgenommen und Rechnung getragen hat.
- Zudem haben sich im Bereich Events und Veranstaltungen in den letzten Jahren qualitativ hochwertige Formate entwickelt und etabliert: ob Women’s Winter Camps oder Bike Camps – die Nachfrage ist gewaltig.
Werden Sie die Women's Lounge künftig ausbauen oder eher wieder eindampfen – und warum?
Für uns ist das Thema „Frauen im Sportbusiness“ mehr als ein Trend. Deshalb verfolgen wir es weiter und fördern den Austausch. Für 2019 stehen beispielsweise in der Women’s Lounge wieder zahlreiche Vorträge und Diskussionsrunden auf dem Programm. Wir denken darüber nach, weitere Formate zu entwickeln, die alle bisherigen Themen abbilden und neuen Gedanken wie „weiblicher Führungsnachwuchs im Sportsbusiness“ mehr Raum geben können.
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