Das Frauen-verbinden-Netzwerk ist auf der ISPO in München längst eine Institution. Weil es auch bei der ISPO Munich Online nicht fehlen darf, lud Moderatorin Jennifer Sarah Boone am Dienstag zum „Women Empowerment Panel“ ins Studio. Vier Digital-Profis diskutierten die Frage: War es für die Karrieren von Frauen von Vorteil, dass die Corona-Pandemie der Digitalisierung einen Schub verpasst hat?
Wenn die Verbreitung des Coronavirus etwas Gutes hatte, dann das: Die Pandemie hat die Digitalisierung der Arbeitswelt vorangetrieben. Chefs, für die Mitarbeiter im Homeoffice vorher undenkbar waren, finden heute selbstverständlich, dass alle daheim arbeiten. Videomeetings mit Kollegen sind Normalität geworden. Und die Einteilung der Arbeitszeit ist zu Hause so flexibel wie noch nie. Was heißt das speziell für Frauen? Hat es Vorteile für ihre Karrieren oder sogar Nachteile?
Sabine Seymour, Geschäftsführerin und Gründerin von SUPA in New York, habe schon lange so flexibel und digital gearbeitet, berichtet sie: „Für mich war das schon vor Corona selbstverständlich. Dass nun viel mehr Leute in der Lage sind, virtuell von überall zu arbeiten, ist extrem positiv. Die physikalische und die digitale Welt sind durch Corona näher zusammengerückt. Mittlerweile sind Leute digital unterwegs, die früher nichts damit zu tun hatten. Das war ein Sprung nach vorn.“
„Wir alle haben so viel gelernt in den vergangenen Monaten“, bestätigt Deepa Gautam-Nigge, Global Lead SAP Next-Gen Ecosystem bei SAP. „Allein, wie viele zig verschiedene Tools wir mittlerweile ganz selbstverständlich für die Online-Zusammenarbeit nutzen!“ Das Wort „Digitalisierung“ sei ein Buzzword, findet Anna Kopp, IT-Director von Microsoft. „Aber noch sind wir am Anfang dieser Reise.“
Für Frauen sei die Entwicklung ein Vorteil, findet Kopp: „Das Leben mit der Arbeit und die Familie mit der Karriere zu kombinieren, ist im vergangenen Jahr einfacher geworden. Viele Frauen können nun arbeiten, wo und wann sie möchten.“ Je digitaler die Arbeitswelt, desto wichtiger sei jedoch Transparenz, betont Kopp: „Dass jede dann arbeitet, wann sie es am besten kann, wird für die kommenden Jahre wegweisend sein. Doch alle haben einen anderen Workstyle – und der muss für die anderen überschaubar sein, damit es funktioniert.“
Gautam-Nigge von SAP bestätigt: „An Transparenz fehlt es tatsächlich noch. Sie ist wichtig, um Vertrauen zu gewinnen – zum Beispiel Vertrauen der Arbeitgeber, dass alle ihre Arbeit auch zu Hause schaffen.
Dr. Jeanette Friedrich, Global ISPO Group Director der Messe München, schätzt am Homeoffice vor allem die Flexibilität. „Und dass es für Frauen inzwischen viel mehr Networking-Möglichkeiten gibt.“ Es fehle aber noch an weiblichen Vorbildern. „Wir gehen in die richtige Richtung, haben aber noch einen langen Weg vor uns.“
Was Friedrich sich auch wünscht: mehr Unterstützung von den Männern. „Das ist nämlich kein Krieg zwischen den Geschlechtern, den wir hier führen, im Gegenteil: Wir sollten uns gegenseitig unterstützen. Dann profitieren wir alle.“ Friedrich, die seit 2019 Teil der ISPO Group ist, hätte selbst Unterstützung von Männern erfahren: „Es gab einige, die meine Karriere unterstützt und mich bestärkt haben. Und das sollten alle Männer tun – für ihre Frauen und ihre Töchter.“
Dazu gehöre, ergänzt Anna Kopp von Microsoft, dass die Männer von ihrem Arbeitgeber unterstützt würden: „Zu Hause zu bleiben und auf die Kinder aufzupassen, sollte Männern möglich sein, wenn sie das wollen. Auch das ist Feminismus, weil es die Frauen unterstützt.“ Männern, die Frauen zur Seite stehen wollen, aber nicht so recht wissen, wie, legt Kopp die Organisation „He for She“ ans Herz: „Da finden Männer Antworten auf all ihre Fragen.“
Auf die Frauenquote in Deutschland angesprochen, sagt Kopp: „Ich liebe sie! Nur so gelangen wir an die Vorbilder, die wir dringend brauchen.“ Manchmal, so Kopp, sollten Firmen allerdings mehr Arbeit investieren, um die beste Frau für einen Job zu finden, „statt wieder einen Thomas oder Michael einzustellen“.
Das gleiche gelte für Diversität, ergänzt Gautam-Nigge, Global Lead SAP Next-Gen Ecosystem bei SAP: „Es ist natürlich einfacher, ein Mini-me einzustellen als jemanden, der ganz anders ist als man selbst. Doch es braucht unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen im Team! Jeder, der mitentscheidet, wer eingestellt wird, sollte sein Denken hinterfragen und sich fragen: Welche Skills brauche ich wirklich, um das Team zu komplettieren? Nur danach sollte man suchen.“
Laut Gautam-Nigge befinden sich die dringend nötigen Diversity- und Gender-Prozesse noch in einer Übergangsphase: „Weil wir es mit Menschen zu tun haben. Und Menschen haben Angst, bestehende Dinge zu verändern. Diese Ängste sollten wir ernst nehmen und sensibel mit den Bedürfnissen aller Beteiligten umgehen – auch mit denen der Männer.“
Um in Zukunft möglichst alle Kulturen und Hintergründe zu integrieren, empfiehlt SUPA-CEO Sabine Seymour, Kreativität und Innovationen zu nutzen und Unternehmen gegebenenfalls umzustrukturieren.
„Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter fragen, wie sie am besten arbeiten können – und ihnen das dann ermöglichen. Ich zum Beispiel arbeite am besten da, wo ich auch meinen Sport machen kann“, sagt die leidenschaftliche Golferin, Ski- und Snowboardfahrerin.
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