Mit diesen Branchenkennern hat ISPO.com gesprochen:
- Matthias Zaggl, Fabric Future Develeopment W.L. Gore & Associates
- Andy Schimeck, Global Sales Director Equip Outdoor Technologies UK und Geschäftsführer Equip Deutschland
- Mark Held, President European Outdoor Group
- Jost Wiebelhaus, Inhaber Frankfurter Laufshop
- Ralph Scholz, CEO Fitness Connected
Das erachten sie als künftig wichtig für die Sportindustrie.
In den vergangenen zwölf Monaten haben wir die Auswirkungen von Covid-19 in allen Bereichen unseres Lebens erlebt - persönlich, beruflich und gesellschaftlich. “Die Pandemie hat die Art und Weise, wie wir leben, verändert und uns gezwungen, uns auf virtuelle Kommunikationsmittel zu verlassen und soziale Interaktionen einzuschränken.” so Zaggl. „Seit Beginn der Pandemie steigt das Bewusstsein für Gesundheit und Gesundheitserhaltung.“
Das unterstreichen auch zahlreiche Studien, wie die der GSK, die ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein durch Covid-19 belegen. „Mehr Menschen verbringen deshalb Zeit im Freien - um sich fit zu halten und zu erholen. Dies hat neue Konsumenten generiert, die sich aktiv „Outdoor“ betätigen und in Bereichen wie Laufen, Radfahren, Wandern, Trekking und Skitourengehen weiter zunehmen.“
In dieser Zeit habe sich auch ein stärkeres soziales Bewusstsein der Menschen entwickelt, „insbesondere hinsichtlich der ökologischen Herausforderungen, vor denen wir alle stehen und der Verpflichtung, unseren Planeten zu schützen. Verbraucher überdenken, was sie kaufen und von wem sie es kaufen. Sie versuchen, Marken zu unterstützen, die eine verantwortungsvolle Alternative bieten und nachhaltige Verpflichtungen eingehen.“ beobachtet Zaggl.
Deshalb sei es laut Zaggl künftig wichtig, die neuen Verhaltensweisen der End-User zu berücksichtigten und als Industrie gemeinsam nachhaltige Produkte zu liefert, „die ihren Zweck erfüllen, langlebig sind und einen geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen.“
Zaggl ermuntert zum Austausch: „Covid-19 hat viele Herausforderungen geschaffen. Ich bin überzeugt, dass wir sie meistern, wenn wir gemeinsam an innovativen Lösungen arbeiten, den Spirit der Zusammenarbeit nutzen und starke Allianzen bilden, durch die wir unsere Ressourcen maximieren können.“
Die negativen Auswirkungen des je nach Land unterschiedlich langen und restriktiven Lockdowns mit der einhergehenden Zwangsschließung des stationären Handels sind noch schwer absehbar, dieser Meinung ist auch Andi Schimeck.
„Wir können diese Situation nur mit einer guten und engen Partnerschaft zwischen Händlern und Marken meistern. Wie schon Helmut Schmidt sagte: “In der Krise beweist sich der Charakter.“ Schimeck ist sich sicher, dass gerade die Outdoorbranche in 2021 weiter wachsen wird, wenn alle Partner gut zusammenarbeiten und offen miteinander umgehen.
Der Verbraucher sei bewusster geworden und handle nachhaltiger, sieht Schimeck es ähnlich wie Zaggl.
Er schlussfolgert: „Das ist positiv für alle spezialisierten Händler, die diesen Bedarf mit den nachhaltigen Outdoor- und Sportmarken gut bedienen können. Dieser Weg wird auch nach der Bewältigung der durch die Pandemie ausgelösten Krise entscheidend sein, um in Zukunft erfolgreich zu sein.“
Bei Equip sei man sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung sehr bewusst „wir wissen, dass wir schnell und entscheidend handeln müssen. Ausdruck dessen ist die Verpflichtung, bis 2030 Net Zero zu erreichen sowie die Tatsache, dass wir seit 2020 zertifiziertes klimaneutrales Unternehmen sind.“
Held sieht momentan vor allem zwei sehr unterschiedliche Themen, mit der die Sportindustrie zu kämpfen hat: „Das erste ist, wie wir mit den kurzfristigen Auswirkungen von Covid-19 umgehen. Da diese so unmittelbar sind und uns den Weg zum Konsumenten erschweren, zumal es derzeit leider keinen physischen Kontakt gibt.
Die zweite und längerfristige Herausforderung bestehe darin „was wir aus der Pandemie lernen und wie wir unsere Geschäftsmodelle anpassen können, um sowohl das wachsende Interesse an der Natur als auch den Aufstieg des Online-HAndels als einfachsten Weg zum Markt zu berücksichtigen.“
„Ich bin seit langem davon überzeugt, dass sowohl der stationäre Handel als auch der Online-Handel nebeneinander existieren können, aber ganz sicher nicht so, wie sie es jetzt tun. Ich kann mir vorstellen, dass hybride Modelle an Bedeutung gewinnen und die physische Massenbevorratung von Waren im stationären Handel an Bedeutung verliert.“
„Und schließlich?“ fährt Held fort „Bilanzstärke und Liquidität waren noch nie so wichtig und das ist ein klarer Fingerzeig für die Zukunft."
Trotz gesteigertem Gesundheits-Bewusstseins der Menschen heißt es in einer von der Techniker-Krankenkasse beauftragten Studie, dass etwa jeder Vierte während der Corona-Zeit weniger Sport als vorher (26 %) treibe; Studien des DOSB sprechen sogar von 35 %.
Jost Wiebelhaus ist überzeugt: „Je besser wir die Pandemie in den Griff bekommen, umso mehr werden die Menschen wieder Sport machen.“
Er geht davon aus, dass es einen Nachfrageschub nach Sportartikeln geben wird. „Uns ist natürlich bewusst, dass wir als Laufsportspezialgeschäft in einer „glücklichen“ Lage sind, denn neben Radsport ist der Laufsport, den wir bedienen, einer der Profiteure der Corona-Pandemie.“
Der spezialisierte Einzelhändler glaubt an den stationären Handel, auch in Citylage. „Aktuell nutzen wir den Lockdown und bauen unser Geschäft komplett um und werden Neuerungen zum Restart präsentieren, die das Einkaufserlebnis für unsere Kunden nochmal erhöhen wird.“
Außer dem digitalen Kunden-Kontakt, der ideal über Social Media funktioniere, seien neben dem reinen Verkauf auch weitere Zusatzservices/Angebote für die Kunden ein Erfolgsfaktor der Zukunft. „Wenn es coronabedingt wieder möglich ist, bieten wir hier in Frankfurt wieder Laufseminare an“ so Wiebelhaus.
„Wir hoffen, dass die Hersteller den stationären Sportfachhandel weiterhin als wichtigen Partner sehen, der Emotionen in der 1 zu 1 Beratung am besten transportieren kann und nicht aufgrund des pandemiebedingten Online-Booms das eigene DTC-Business zu stark priorisieren. Zudem erwarten wir weiterhin Produkt-Innovationen, die Kundeninteresse wecken und wir damit die Frequenz in unseren Geschäften hochhalten können.“
Scholz liefert seinen Beitrag insbesondere aus dem Blickwinkel des Fitnesssegments. Er sieht die Branche im Umbruch. Nicht verursacht durch die Pandemie, sondern durch sie „nur“ beschleunigt.
„Künftig wird Sport, Fitness, Gesundheit und Outdoor stärker zusammenwachsen. Lösungen, die das Training im Fitnessstudio, Homefitness und Outdoor-Fitness miteinander verbinden sind aktueller denn je.“ Daraus ergäben sich nicht nur Herausforderungen, sondern auch neue Möglichkeiten für alle Beteiligten der Industrie.
„Aus meiner Sicht hat die Corana-Krise zudem gezeigt, dass Sport und Fitness noch zu sehr unter dem Aspekt „Freizeitgestaltung“ gesehen wird. Unser Learning daraus muss sein, Sport und Fitness als Teil des Gesundheitssystems zu positionieren. Mit dem unschätzbaren Vorteil, dass wir Angebote unterbreiten, die auch noch Spaß machen.
Und die digitalen Features? „Sie werden zusätzlich dazu beitragen, dass die Bereiche Health, Sport und Fitness miteinander verschmelzen. Nicht zuletzt aus diesem Grund sei die Messe „Fitness Connected“ deshalb mit dem ISPO-Netzwerk verknüpft.
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